Liebe Community,


wir haben uns in den vergangenen Monaten intensiv mit Rezos Vorwürfen rund um drei STRG_F-Videos auseinandergesetzt, haben sie geprüft und aufgearbeitet. Es ging dabei um das Video über “More Nutrition”, das Video, das als “Superreichen-Doku” bezeichnet wurde, und um unser Statement-Video. Es ist klar geworden: Wir haben Fehler gemacht und unser Umgang damit war schlecht.

Viele haben kritisiert, dass die Aufarbeitung länger gedauert hat als angekündigt - weit länger als die dafür geplante Winterpause - und wir können diese Kritik verstehen. Wir hatten gemerkt, dass wir für eine tiefgehende Analyse mehr Zeit brauchen; wir wollten uns nicht nur mit unseren Fehlern beschäftigen, sondern auch mit ihren Ursachen - und notwendige Maßnahmen ergreifen.

Bei den drei in die Kritik geratenen Videos haben wir jedoch durch unsere Fehler journalistische Standards unterlaufen. Das bedauern wir sehr, dafür möchten wir um Entschuldigung bitten. In unserem Statement-Video als erste Reaktion auf Rezos Vorwürfe haben wir uns reflexhaft verteidigt und waren nicht ausreichend fähig zur Selbstkritik. Wir hätten innehalten müssen, um die Fehler zu klären und die eigene Haltung zu reflektieren. Unsere Autorinnen und Autoren, die das Statement-Video präsentiert haben, sind infolgedessen persönlich in die Schusslinie geraten.

Es waren nicht ihre individuellen Fehler, wir haben gemeinsam Fehler gemacht. Journalismus ist bei uns Teamarbeit. Hinter jedem Autor, jeder Autorin steht eine Redaktion, eine Redaktionsleitung und eine Teamleitung. Die redaktionelle Verantwortung liegt letztlich bei uns, der Leitung. Das Statement-Video wird bei YouTube nicht mehr gelistet, es bleibt aus Transparenzgründen aber zugänglich.

Eine Ursache für die Fehler sehen wir darin, dass wir uns im vergangenen Jahr angesichts des wöchentlichen Outputs von STRG_F in eine Überlastungssituation manövriert hatten: zu viele Videos, zu wenig Zeit, zu wenig personelle Ressourcen, zu wenig Reflexion. Wir haben das lange mit sehr viel Leidenschaft und persönlichem Einsatz kompensiert. Für ein Format, das beinahe wöchentlich ein Video mit hohem journalistischem Anspruch veröffentlicht, arbeiten wir bei STRG_F mit einer vergleichsweise kleinen Redaktion.

Uns ist aber klar: Das ist keine Entschuldigung für unsere Fehler!

Wir hätten gemeinsam mit NDR und funk schon früher umsteuern müssen. Das haben wir jetzt getan.

  • Der Output von STRG_F wird um ein Drittel von 43 auf 30 Videos im Jahr reduziert. Das fällt uns nicht leicht, aber so haben wir künftig mehr Zeit für Recherchen, Prüfverfahren und Quellentransparenz.
  • Seit jeher gibt es bei jedem Video einen Faktencheck durch die Autorinnen und Autoren sowie eine redaktionelle und eine juristische Abnahme. Künftig werden die Videos vor der Veröffentlichung einem zusätzlichen journalistischen Faktencheck einer Kollegin oder eines Kollegen unterzogen, die bzw. der nicht an der Recherche beteiligt war. Diese Faktencheckerinnen und Faktenchecker werden die zentralen Annahmen, Thesen und Schlussfolgerungen des Videos bewusst hinterfragen. 
  • Wir haben unsere Workflows überprüft und analysiert, an welchen Stellen in der Erstellung eines Videos potenziell Fehler passieren können. Wir haben zu jedem dieser Punkte Lösungen gesucht und gefunden, um sicherstellen zu können, dass Fehler künftig schneller auffallen.
  • Wir haben unter den neuen Bedingungen bereits einige Videos vorproduziert und werden auch in Zukunft mit mehr Vorlauf arbeiten, um Drucksituationen künftig möglichst vermeiden zu können. Auch für diese Umstellung haben wir die vergangenen Monate genutzt.
  • Wir werden künftig die Quellen, auf die sich unsere Recherchen stützen, in einem Recherchedokument transparent machen. Ebenso dokumentieren wir dort unsere Recherchewege und andere Hintergründe.
  • Wir werden Presseanfragen in Zukunft nach Möglichkeit mit mehr Vorlauf stellen und Einzelpersonen längere Antwortfristen gewähren.  
  • Wir werden uns künftig mehr Zeit für Kritik und den Umgang mit Fehlern nehmen. Wenn Fehler passieren, werden wir diese sorgfältig aufklären und transparent dazu kommunizieren. Wir schaffen Räume und Formate im Arbeitsalltag, um über Fehler und Fehlerkultur zu sprechen, z.B. in zusätzlichen Konferenzen, in denen Kolleginnen und Kollegen von ihren Fehlern erzählen. Außerdem werden wir gezielt mehr Kritikerinnen und Kritiker von außen in unsere Redaktionskonferenzen einladen. Wir sind uns bewusst, dass Fehlerkultur konsequent und glaubwürdig vorgelebt werden muss. Wir wollen für eine Atmosphäre sorgen, in der alle den Mut haben, zu Fehlern zu stehen und aus ihnen zu lernen.

Vor Beginn der Aufarbeitung hatte es im Januar zunächst ein Gespräch mit Rezo persönlich gegeben. 

Für die interne Aufarbeitung und den Abschlussbericht sind wir dann folgendermaßen vorgegangen: 

Zunächst hat die STRG_F Redaktion gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren der betroffenen Videos die Rechercheunterlagen, den Entstehungsprozess der Videos, die Videos selbst und die begleitenden Veröffentlichungen mit Blick auf Rezos Vorwürfe geprüft und einer Fehleranalyse unterzogen. Diese Fehleranalyse haben weitere Journalistinnen und Journalisten aus dem NDR, die nicht mit den kritisierten Videos befasst waren, begutachtet und kommentiert. Auf dieser Grundlage hat STRG_F eine interne Aufarbeitung der Vorwürfe verfasst. 

Dann haben drei externe freie Journalistinnen und Journalisten (Sabrina Winter, Sebastian Meineck und Aiko Kempen) diese interne Aufarbeitung überprüft, begutachtet und kommentiert. Sie haben dafür auch interne Unterlagen eingesehen. Diese drei externen Reviewerinnen und Reviewer haben aus journalistischer Perspektive bewertet, inwiefern die interne Aufarbeitung der Vorwürfe vollständig, schlüssig, korrekt und fair war. Anschließend haben wir gemeinsam mit einer NDR-Mitarbeiterin, die zuvor nicht mit den Vorgängen rund um STRG_F befasst war, die Befunde und Bewertungen in einem Abschlussbericht zusammengefasst. Dieser Abschlussbericht wurde abschließend den drei externen Reviewerinnen und Reviewern vorgelegt, die ihn final begutachtet und kommentiert haben. Falls es unterschiedliche Bewertungen zwischen STRG_F und den Reviewerinnen und Reviewern gab, sind diese im Abschlussbericht kenntlich gemacht. Die verantwortlichen Auftraggeber von funk und NDR waren während des mehrstufigen Aufarbeitungsprozesses und in den Abschlussbericht einbezogen. Der Abschlussbericht ist hier verlinkt. 

Es ist nun sechs Jahre her, dass STRG_F als ambitioniertes Rechercheformat gegründet wurde. Fast 300 YouTube-Videos sind in dieser Zeit entstanden. Die Recherchen unserer Autorinnen und Autoren haben viel Respekt erfahren und zahlreiche Auszeichnungen erhalten. 

Durch Rezos Vorwürfe, eure Kritik und viele Einwände der Begutachterinnen und Begutachter haben wir unsere Arbeitsweise noch einmal grundlegend hinterfragt. Wir möchten euch von nun an wieder mit unseren Recherchen überzeugen. Am Sonntag, 2. Juni 2024, kommt das nächste Video.

Lutz Ackermann (Redaktionsleiter STRG_F) und Dietmar Schiffermüller (Leitung Team Stories) 

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